In meinen Workshops wurde häufig über die Unmöglichkeit gesprochen, den Teil des Bildes, der vom Blitz belichtet wird, zu verwackeln, weil der Elektronenblitz ultrakurz in eine relativ lange Synchronzeit leuchtet: je näher das Motiv oder je offener die Blende desto kürzer die Leuchtzeit.
Blitzbirnchen früherer Zeiten hatten bei der X-Synchronisation keine variable Leuchtzeit. Wenn früher der 1. Vorhang (waagerecht!) geöffnet war, leuchtete das Blitzbirnchen über das Schließen des 2. Vorhangs hinaus bis zum bitteren Ende. Eine Doppelbelichtung im heutigen Sinne gab es nicht. Und so konnte der Besitzer einer SLR zum Beispiel „Blitz“aufnahmen verwackeln, denn über eine 1/30 sek. kam er nicht hinaus. Er schaute neidisch auf die Besitzer von Kameras mit Zentralverschlüssen, die jede Zeit zum Synchronisieren nutzen konnten, auch eine 1/300 sek. bei meiner alten Voigtländer Vito B.

Der umgesteckte Blitznippel
Da kamen findige Ingenieure auf die Idee, die Lebensdauer eines Blitzbirnchens mal zu messen und siehe da, das Blitzbirnchen lebt so lange, dass man es auch zünden kann, bevor der Verschluss sich öffnet. Es leuchtet die ganze Zeit, während der waagerechte Verschluss mit beiden Vorhängen gleichzeitig einen Schlitz bildend abläuft. Die Lebenszeit eines Blitzbirnchens reicht, um auch bei einer alten Edixa den Schlitzablauf bis zur 1/250 sek. zu beleuchten. Und weil das Sylvania-Birnchen dabei die „scharf gestellte Ebene“ beleuchtet, nennt man diese Funktion „Focal Plane“, kurz FP. Endlich verwacklungsfreie Blitzbilder, man steckt den Nippel nur nicht mehr ins Loch X, sondern in das FP-Loch!
Nikon nennt das heute immer noch FP,
bei Canon heißt das „Highspeed-Synchronisation“.
Das ist ein wenig irre führend, suggeriert diese Bezeichnung doch größere Verwacklungsfreiheit. Wir sollten aber nicht vergessen, dass ein moderner Elektronenblitz bis zur 1/30.000, mancher sogar 1/40.000 Sekunde schafft.

Der Blitz als Lampe
Bei dieser FP-Synchronisationsart funktioniert fast alles wie früher. Wir sagen dem Blitz über einen Knopf am Blitz oder über einen Menubefehl, dass er nun eine Lampe sei, die gefälligst vor dem Verschlussablauf zu leuchten beginnen und erst wieder erlöschen soll, wenn der Schlitz abgelaufen ist. Das geht, der Elektronik sei Dank, heute über alle Verschlusszeiten, denn wenn wir den Blitz kurz und kürzer leuchten lassen können (X-Synchronisation), so können wir ihn auch lang und länger (HS-Synchronisation) machen.  Verkehrte Welt: Während bei der X-Synchronisation ein ultrakurzer Blitz in eine relativ lange Synchronzeit leuchtet, haben wir bei FP eine relativ lang leuchtende Lampe, damit der Verschluss eine kurze Zeit bilden kann.  Allerdings mit einem Risiko, denn länger leuchten heißt auch längere und höhere Belastung wie auch hohen Energieverbrauch. Und so gibt es bei der Highspeed-Synchronisation eine enorme Reduktion der Blitzleistung.

Aufhellen im Sonnenschein
Der Sinn der FP-Synchronisation bei einer alten Exakta Varex war tatsächlich, mehr Bewegungsschärfe zu bekommen. Das ist heute mit den modernen Blitzgeräten mehr als gesichert. Wozu dann der ganze Aufwand?
Die Angebetete liest in Gartenstuhl unterm Apfelbaum und soll fotografiert werden. Die Sonne lässt im Gegenlicht die Lockenpracht erstrahlen. Ein Blitz als Aufheller für das zarte Antlitz muss her. Und nun begann früher das Unheil. Meine alte AE 1 wollte partout nicht kürzer synchronisieren als 1/60 und das hieß bei 21° DIN Blende 16! Die Agfa CT 18 Benutzer hatten wenigstens Blende 11 und alle Kodachrome 25 Fans Blende 8. Auch heute hätte ich bei einer modernen DSLR bei 100 ASA mit Blende 8 zu kämpfen, denn der Apfelbaum soll ja meiner Hübschen nicht wie ein Geweih aus dem Kopf wachsen. Aufblenden ist verlangt und geht nicht, da steht die Synchronzeit 1/250 vor! Aber das Verlangte geht, wenn mein Blitz zur Lampe verwandelt wird und die Kamera nun die zur Blende 1,4 passende Zeit von 1/8000 nehmen kann! Ein Knopfdruck am EX-Blitz und schon geht es los! Und das ist für mich der Sinn der Highspeed-Synchronisation:
Ich kann auch bei vollem Sonnenschein meinen Blitz einsetzen und dabei die Blende vorwählen wie ich will und die Kamera folgt mit der Zeit, auch über die Standardsynchronisation hinaus. Der Umkehrschluss bringt uns die Lösung:

Nicht die kurze Zeit macht das Bild, sondern die offene Blende, die nach der kurzen Zeit verlangt.
Ich nehme also Av mit der offenen Blende und blitze dazu im prallen Gegenlicht.

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